So schnell ist die Zeit vom 1. Advent bis zum 2.2. vergangen. Gesellschaftlich, kirchlich, politisch und persönlich mögen es teils sehr bewegende Tage gewesen sein – mit Erfahrungen, an die wir Wochen vorher nicht haben denken können.
Die Krippe hat uns auch mit wechselnden Bildern durch diese Zeit mit begleitet. Sie mögen sich an die Kargheit des Anfangs erinnern – das fast leere Bild der Krippe mit der Not der Fremden, Obdach zu finden. Das Schiff im unwirtlichen weiten Meer, der um sein Leben rudernde Darniederliegende, die im Schatten stehenden Hilfesuchenden, der ratlose Prophet und die Figur des Überflusses. Sie gaben Abbild der Wirklichkeit.
Selbst wenn wir uns solidarisch wissen wollen und auch zeigen: Es bleibt ein kaum überbrückbarer Graben an Lebenswirklichkeiten, die sich begegnen. Der Graben bleibt auch Wunde für Menschen, die sich um die Nachfolge Jesu bemühen.
Wir sind mit der Krippe durch den Advent gegangen, mit dem Aufatmen der blühenden Wüste, einem Hoffnungszeichen, das wir
brauchen, um diesen Graben der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten schmälern zu können. Der Prophet Jesaja rief das ‚Tröstet, tröstet mein Volk’. Das drängende Streben lag darin, dass Hügel
und Täler sich angleichen mögen, damit es die Chance einer neuen Gottbegegnung geben kann. Aktuell stand die Problematik der Unterbringung in einem leeren Baumarkt in Köln mit im
Blick.
Kurz vor Weihnachten dann die Kargheit der Herbergssuche – im Krippenbild die Schattenrisse in der Kulisse des Stalls – und im Schattenriss anwesend, aber nicht sichtbar, das Paar: Maria, Josef und der Esel.
Das Weihnachtsfest stößt die Gewissheit hervor: ‚Üch eß der Heiland jebore!’ Das ist die Ermutigung, auf dem Weg der Nachfolge weiter wachsen zu mögen. Das Maß der Nachfolge im Verständnis des Matthäusevangeliums haftete weiter an der Krippe: Ich war fremd, ich war obdachlos und ihr habt... Das Krippenbild ist nicht als anmutige Idylle gedacht, sondern als Verkündigung im Spannungsfeld des Menschensohnes und seiner Platzanweisung an uns.
An Epiphanie waren sie alle da, hingewandt zum Kind. Diese Hinwendung gilt dem von uns als Messias geglaubten Jesus. Der
Erwachsene hat Zeugnis gegeben und dazu aufgerufen, hinter ihm hergehen zu lernen. Wir üben es immer wieder. Darum bleibt das Krippenbild nicht statisch in anbetendem oder glückseligem Bestaunen
des Jesuskindes. Bald wenden sich die Menschen wieder ihrem Alltag zu – so suchen auch die Figuren nach und nach wieder ihren Weg. Nachfolge geschieht inmitten des Alltags und dessen
Möglichkeiten und Anforderungen.
Zum Holocaust – Gedenktag, dem 27.1., dann das so besondere und bewegende Bild, das eine Zuckerwattenidylle eines
Krippengeschehens sofort zerplatzen lässt. Da stehen sie: Elisabeth, Zacharias, Johannes, Josef, Maria und Jesus: Sie alle tragen den Judenstern der Diskriminierung und Vernichtungsmacht.
Zutiefst anrührend, in diesem Bild zu sehen: Die, die wir als die Grundlage des christlichen Abendlandes sehen, sie waren Juden. Und auch Christen haben immer wieder das Fundament ihres Glaubens
brutal vernichtet, nicht selten auch gerade im Namen des Christentums. Wie pervers! Wie aktuell angesichts des sich zu Wort meldenden Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit. Neben den Juden
Elisabeth, Zacharias, Johannes, Josef, Maria, Jesus ... der Jude Apotheker, das Romamädchen, die Autistin und der Obdachlose und der Homosexuelle. Sie alle wurden in NS-Zeiten mit Stern oder
Winkeln gebrandmarkt als Menschen unwerten Lebens.
Plötzlich wird das Krippenbild zur Verkündigung der Notwendigkeit einer großen Wachsamkeit und Besinnung. Das
Weihnachtsgeschehen hat eine gesellschaftliche Relevanz. Es macht aufmerksam, es erschüttert, es tröstet, es liebreizt, es fordert heraus, es ermutigt, es lässt wachsen, es lässt beten, anbeten,
schweigen, staunen – das Bild der Verkündigung der Krippe.
Herrn Benjamin Marx als Ideengeber, Gestalter und Verkünder im Medium der besonderen Krippe von Herzen Dank für die auch
diesjährigen Darstellungen. Die Krippe wird von Vielen besucht. Es wird bald spürbar, dass es keine Aufstellung von interessanten Püppchen ist, sondern ein Verkündigungsbild im Wandel des
glaubenden Zugehens auf das uns Verheißene. Herrn Marx für die Ideen und die vielen Arbeiten an und mit der Krippe herzlichen Dank!
Herzlich Dank auch all denen, die die technische Hilfe zum Auf- und Abbau der Krippe leisten. Da geben sich viele mit ihrem handwerklichen Sachverstand ein. Herzlichen Dank auch all denen, die die Krippe mit betreuen – im Blumenschmuck, mit den Kerzen... Herzlichen Dank auch all denen, die als Krippenempfang mitwirken mochten. Der Verkauf der Karten und der Erlös der Schwimmkerzen kann der Arbeit des Notels zugute kommen.
Nun wird nach dem Montag, dem 2.2. die Krippe wieder abgebaut und wird ruhen bis zum kommenden Advent. Die Zeit dazwischen ist die Zeit, in der wir den Urgrund der Menschwerdung, das Osterfest feiern werden und weiter wachsen mögen in der Übung der handfesten Nachfolge.
Herzlichen Dank auch allen, die diese Krippe besuchten.
Matthias Schnegg
Die Milieukrippe von Sankt Maria in Lyskirchen ist im Advent 2014 besonders den Menschen, die sich fremd und obdachlos fühlen, gewidmet. Viele Besucher der Krippe kommen in die Kirche und sagen
„ … die sind ja gar nicht fertig …“.
Was verstehen wir unter Krippe? Das idyllische Krippenbild von Weihnachten? Dann bitte noch bis zum 24. Dezember 2014 warten … Die Zeit davor ist ein Erwarten des Herrn:
Adventus Domini
Wieder zu haben: Das Krippenheft von Benjamin Marx (der Krippenbauer von Lyskirchen) und Matthias Schnegg (der Pfarrer der Gemeinde Sankt Maria in Lyskirchen). 5 €, der Erlös geht als Spende an das NOTEL, die Notschlafstelle für obdachlose Drogenabhängige. Sie können das 28 seitige Krippenheft mit der Beschreibung aller Figuren der Milieukrippe während der Krippenzeit in der Kirche erwerben. Danke für Interesse und für Ihre Hilfe für das Notel.
Die Krippe von Sankt Maria in Lyskirchen ist stets im Wandel. In verschiedenen Bildern werden die Besucher ab dem ersten Advent zum Weihnachtsgeschehen hingeführt.
Im Westen der Krippe (das Küsterhaus wird erst zu Weihnachten aufgebaut) verkünden in der Wüste die Propheten des Alten Bundes die Menschwerdung Gottes. Sie sprechen von dem Volk, das im Dunkeln lebt und ein helles Licht sehen wird. Ergänzt werden die Worte und die Szenen mit den Propheten an den Adventssonntagen, um die Bilder der Verkündigung, der Heimsuchung und des Engels, der Josef im Traum erscheint, um ihm die Menschwerdung Gottes zu erklären. An Weihnachten erblüht die Krippe in Sank Maria in Lyskirchen in ihrem vollen Glanz. Bis zum 2. Februar erzählen dann die Krippenbilder von Weihnachten, dabei werden dann auch aktuelle Bezüge zum Zeitgeschehen aufgegriffen.
Für viele Kölner ist es Tradition, am ersten oder zweiten Weihnachtstag die Milieukrippe in Sankt Maria in Lyskirchen zu besuchen.
An diesem Tag stehen die Besucher oft Schlange, um einen Blick auf das Weihnachtsgeschehen zu werfen, das im Kölner Milieu der 1930iger Jahre dargestellt ist. Die zentrale Botschaft der Krippe: Jesus ist für Alle geboren, ob arm oder reich, bürgerlich in der Gesellschaft oder ausgegrenzt am Rande, gemäß Matthäus 25,45 was ihr nicht getan habt einem unter diesen geringsten, das habt ihr auch mir nicht getan.
So versammeln sich vor dem Schuppen neben der Kirche, der Maria, Josef und dem Neugeborenen als Heim dient, die unterschiedlichsten Charaktere und Personen.
Der holländische Heringsverkäufer, der jüdische Apotheker, die Franziskanerin mit den beiden Waisenkindern, das Tanzpaar der Hellige Knäächte un Mägde, das Jeckenbääntche, die Frau aus dem Veedel, der Leyendecker, die Marktfrau, der Nichtsesshafte, die vornehme Dame im Kamelhaarmantel, der Ringroller als Tagelöhner, der Matrose mit der Bordsteinschwalbe aus dem ehemaligen Rotlichtbezirk der Näschelsgasse, Pfarrer Kirsch, die Ahl Möhn Frau Tiefenbach und seit 2009 auch ein Drogenabhängiger, ein Junkie. Und allen verkündet der Engel auf kölsch: Üch eß der Heiland jebore!
An Erscheinung des Herrn (Dreikönig) ergänzen die Szenerie drei Sternsinger.
Neben dem zentralen Prospekt mit der Kirche und dem Schuppen finden wir ehemalige Häuser aus dem Viertel. Im Osten die Glockenapotheke des jüdischen Apothekers, die in den 1940iger Jahre arisiert wurde. Daneben das mittelalterliche Haus Zum Drachen, das an das alte Brauhaus gegenüber der Kirche Sankt Maria in Lyskirchen erinnert. Aus dem ebenfalls verloren gegangenen Haus An Lyskirchen 5 schaut eine alte Frau auf das Geschehen in der Straße. Abgeschlossen wird die Straßenkrippe im Westen durch das alte Küsterhaus von Sankt Johann Baptist mit der Kreuzgruppe. Hier schauen aus dem Fenster zwei orthodoxe Juden. Sie erinnern daran, dass das Christentum aus dem Judentum entstanden ist. Vor dem Bild der Kreuzgruppe blühen ab Weihnachten immer Osterglocken. Im Schuppen neben der Kirche wird Jesus geboren, der Engel verkündet die frohe Botschaft, die Kreuzgruppe erinnert an das Leiden und Sterben Jesu und die blühenden Osterglocken erinnern an die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens: die Auferstehung.
Der Erlös der Schwimmkerzen kommt dem Notel, der Notschlafstelle für obdachtlose Drogenabhängige in Köln zu Gute. (www.notel-koeln.de)
Benjamin
Marx